Gleich vorweg: Im Falle einer bevorstehenden Ehescheidung den Koffer zu packen und aus der gemeinsamen Wohnung auszuziehen ist nicht ratsam – auch wenn das Bauchgefühl beim Zerbrechen einer Beziehung gern genau diesen Schritt nahelegen würde.
Nicht „überstürzt“ aus der Ehewohnung ausziehen
„Auch während der Trennung besteht – bis zur Ehescheidung – die Verpflichtung zum gemeinsamen Wohnen. Sonst kann im Zuge der Ehescheidung die einseitige Aufhebung der Ehegemeinschaft als Eheverfehlung angelastet werden und zur Verwirkung eines nachehelichen Unterhaltsanspruches führen.“ Das sagt Gerhild Scharzenberger, Rechtsanwältin in Salzburg.
Während die Bundesregierung diskutiert, das sogenannte „Verschuldensprinzip“ bei Scheidungen abzuschaffen, wirkt sich aktuell das festgestellte „Verschulden“ an einer Scheidung rechtlich auf einen allfälligen nachehelichen Unterhaltsanspruch aus.
Wenn Geld, „Hab und Gut“ aufgeteilt werden müssen
Anwältin Gerhild Scharzenberger erklärt den Begriff „eheliche Errungenschaft“: „Bei einer Ehescheidung wird nur aufgeteilt, was während der Ehe gemeinsam angeschafft oder angespart wurde.“
Nicht unter die Aufteilung fallen die während einer Lebensgemeinschaft – vor der Eheschließung – erworbenen Sachen und angesparten Geldmittel, Zuwendungen von dritter Seite (Schenkungen z.B. der Familie, Erbschaften etc.), höchstpersönliche Ansprüche wie etwa Schmerzengeld oder Sachen des persönlichen Gebrauches oder der Berufsausübung eines Ehegatten.
Grundsätzlich gilt für die Ehe in Österreich der Güterstand der Gütertrennung. Das bedeutet, dass jeder Ehegatte Eigentümer des Vermögens bleibt, das er in die Ehe eingebracht oder in der Ehe erworben hat. Hinsichtlich des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse kommen die Aufteilungsgrundsätze der §§ 81 ff Ehegesetz zur Anwendung. Aufteilungsmasse ist das zur Zeit der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft vorhandene Vermögen. Schwieriger ist die Abgrenzung des Vermögens, wenn ein verheiratetes Paar bereits vor der Eheschließung lange zusammengelebt und mit der Kredit-Tilgung für beispielsweise eine Wohnung begonnen und/ oder größere Anschaffungen getätigt hat. Die Investitionen vor der Ehe unterliegen nicht der ehelichen Aufteilung. Hier kommt es für die Vermögensaufteilung darauf an, wer wieviel zu diesen Anschaffungen beigetragen hat. In der Praxis ist das nach einigen Jahren oft schwierig nachzuweisen, da entsprechende Nachweise und Aufzeichnungen fehlen. Es empfiehlt sich daher Rechnungen und Zahlungsbelege größerer Investitionen aufzubewahren, um den finanziellen Beitrag der Partner ermitteln und berechnen zu können.
Auch für die Aufteilung des während aufrechter Ehe geschaffenen Vermögens kommt es grundsätzlich auf den von den Ehegatten jeweils geleisteten Beitrag an. Allerdings stehen die Kindererziehung und Haushaltsführung in diesem Fall der Berufstätigkeit und dem finanziellen Beitrag des anderen Ehegatten gleichwertig gegenüber, sodass es hier in den meisten Fällen zu einer Aufteilung des Vermögens im Verhältnis 50:50 kommt.
Sehr häufig werden die Ehegatten oder einer von ihnen von den Eltern bzw. seinen Verwandten bei der Finanzierung oder Schaffung einer Wohnung oder eines Hauses finanziell unterstützt. Dies kann in Form von Geldzuwendungen, der Schenkung einer Liegenschaft oder erheblichen Eigenleistungen beim Hausbau geschehen. Sofern diese Schenkungen nicht ausdrücklich beiden Ehegatten zukommen sollen, sind sie nur dem Ehegatten zuzurechnen, zu dem die Angehörigeneigenschaft besteht. Nachdem diese Schenkungen im Scheidungsfall nicht der Aufteilung unterliegen, ist es zielführend auch diese Schenkungen nachweislich zu dokumentieren. Gerade wenn immer wieder Geldbeträge zugewendet werden, ist es nach einigen Jahren oft schwierig diese Schenkungen und vor allem auch deren Verwendung für die Finanzierung von ehelichen Gebrauchsvermögen nachzuweisen, sodass das Risiko besteht, dass diese Schenkungen bei der Berechnung einer Ausgleichszahlung nicht angemessen zugunsten des Beschenkten durchgesetzt werden können.
„Bitte machen Sie Verträge zum richtigen Zeitpunkt!“
Gerade bei großen Investitionen wie z.B. der Anschaffung der gemeinsamen Wohnung dem Ferienhaus, bei Liegenschaften die für ein Unternehmen und als Ehewohnung genutzt werden, ist es ratsam rechtzeitig sachgerechte Vereinbarungen zu treffen. Vielen Menschen ist es unangenehm in einer intakten Beziehung über Geldangelegenheiten zu sprechen oder sie halten dies für unromantisch oder überflüssig. Dabei sollten die wechselseitige wirtschaftliche Absicherung und Schaffung klarer Vermögensverhältnisse auf Augenhöhe, Teil einer guten Ehe sein. Ist die Ehe in der Krise ist es ungleich schwerer oder oft nicht mehr möglich finanzielle Angelegenheiten mit dem Ehepartner zu regeln, sagt Rechtsanwältin Gerhild Scharzenberger. Leider werden im Zuge von Scheidungen oft finanzielle Leistungen oder Beiträge des anderen Ehegatten bestritten, die während der Ehe nie in Frage gestellt wurden. Liegen keine entsprechenden Nachweise vor, ist das für die Vermögensaufteilung bei Gericht nachteilig.
Gerade Frauen scheuen oft, finanzielle Angelegenheiten in der Ehe anzusprechen, ihre wirtschaftlichen Interessen zu vertreten und haben dann im Falle der Scheidung nicht selten wirtschaftliche Nachteile. Frauen sind in Österreich häufig von Altersarmut betroffen und es ist notwendig rechtzeitig die eigene wirtschaftliche Existenz – unabhängig vom Bestand der Ehe – abzusichern.
Anwältinnen und Anwälte seien laut Rechtsanwältin Gerhild Scharzenberger die idealen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für genau diese Fragen.
„Scheidungen sind sehr belastend, in einer emotional sensiblen Situation solle das gemeinsam aufgebaute Leben und Vermögen auseinanderdividiert und weit in die Zukunft reichende rechtliche wirtschaftliche Entscheidungen gefällt und Vereinbarungen getroffen werden. Hierfür ist eine professionelle rechtliche und sachliche Unterstützung durch eine Anwältin oder einen Anwalt ratsam, um konstruktive Lösungen zu finden, insbesondere wenn auch Kinder von der Scheidung betroffen sind. Um ein zeit- und kostenaufwändiges strittiges Scheidungsverfahren zu vermeiden, sollte eine einvernehmliche Ehescheidung angestrebt werden.
Scharzenberger lädt ein: „Auf die Voraussetzungen einer einvernehmlichen Ehescheidung und die Unterschiede zum strittigen Scheidungsverfahren, werde ich im nächsten Blog-Eintrag näher eingehen. Hoffentlich verfolgen Sie auch diesen mit Interesse!“