„Aus meiner juristischen Sicht hat eine Lebensgemeinschaft für Frauen – insbesondere mit
Kindern – erhebliche rechtliche und wirtschaftliche Nachteile“, bringt es Gerhild Scharzenberger,
Anwältin in Salzburg, auf den Punkt.
Doch was steckt dahinter? Und warum sollten sich Frauen
zweimal überlegen, ob sie in einer Lebensgemeinschaft Kinder bekommen und eine Familie
gründen? Wir haben die wichtigsten Überlegungen zusammengetragen.
Was ist eine Lebensgemeinschaft?
Der österreichische Gesetzgeber liefert keine klare Definition der Lebensgemeinschaft.
Die Rechtsprechung geht bei Bestehen einer Geschlechts-, Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft
von einer Lebensgemeinschaft aus. „Fallweises Nächtigen beim anderen reicht hiefür nicht, da
sprechen wir eher von einer ,Liebesgemeinschaft‘ – erst wer dauerhaft zusammenlebt, bildet
eine Lebensgemeinschaft im juristischen Sinn“, erklärt Scharzenberger. Wichtig: Die
Lebensgemeinschaft wird zwar in einzelnen Gesetzen wie etwa dem Miet-, Erb- oder
Sozialversicherungsrecht berücksichtigt, ist aber nicht umfassend geregelt.
Rechtliche Fakten der Lebensgemeinschaft auf einen Blick
• Jederzeit auflösbar, ohne Angabe von Gründen
• Keine Treue- oder Beistandspflicht
• Kein Anspruch auf Unterhalt, weder während noch nach der Beziehung
• Kein Wohnungsschutz des nicht über die Wohnung Verfügungsberechtigten
• Keine gesetzlichen Regelungen zur Vermögensaufteilung bei Beendigung der
Lebensgemeinschaft und damit größeres Risiko
• Eine sachgerechte Vermögensaufteilung bedarf vertraglicher Regelungen und
schriftlicher Nachweise der von dem jeweiligen Partner getätigten Investitionen und
Anschaffungen
Warum ist die Lebensgemeinschaft für Frauen mit Kindern so nachteilig?
„Die große Veränderung in einer Partnerschaft tritt mit Kindern ein. Dann empfiehlt sich
insbesondere für Frauen den Schritt von der Lebensgemeinschaft in eine eingetragene
Partnerschaft oder eine Ehe zu machen“, sagt Gerhild Scharzenberger. Denn:
Wer in einer Lebensgemeinschaft beruflich zurücksteckt, um die Kinderbetreuung zu
übernehmen, hat im Trennungsfall keinen Anspruch auf Unterhalt und zusätzlich
pensionsversicherungsrechtliche Nachteile; außerdem gibt es gibt keine gesetzlichen Regeln zur
Vermögensaufteilung. Alle Investitionen und Anschaffungen müssen bewiesen werden; das gilt
auch für eine gemeinsam eingerichtete Wohnung.
Drei weitere typische Stolpersteine nennt Scharzenberger außerdem:
1. Beweislast beim Vermögen: Wer welchen Anteil zum Erwerb der Wohnung oder dem
Aufbau des Vermögens beigetragen hat, muss nachgewiesen werden. „Das ist oft
schwierig, da viele Belege nicht aufbewahrt werden oder gar nicht existieren.“
2. Keine Unterhaltsansprüche: Nach einer Trennung gibt es keinen gesetzlichen Anspruch
auf Unterhalt – auch nicht für die Frau, die wegen der Kinder zu Hause geblieben ist oder
beruflich zurückgesteckt hat.
3. Kinder als Gamechanger: Solange keine Kinder da sind, kann jede und jeder gut für sich
sorgen. Mit Kindern aber ändert sich alles – und das Risiko einer wirtschaftlichen
Abhängigkeit für Frauen steigt enorm.
„Gerade für Frauen mit Kindern ist eine Lebensgemeinschaft ohne vertragliche Regelungen
rechtlich und wirtschaftlich sehr nachteilig. Wer überwiegend die Care-Arbeit übernimmt, steht
im Fall der Trennung oft mit leeren Händen da“, warnt Scharzenberger.
Warum reicht ein Blick ins Konto nicht?
Viele denken, Kontoauszüge würden als Beweis für gemeinsame Investitionen reichen.
Scharzenberger widerspricht: „Kontoauszüge können oft nur für einen befristeten Zeitraum bei
den Banken angefordert werden und sind nicht immer aussagekräftig. Ohne entsprechend
Vereinbarungen und Belege wird die Beweisführung schwierig oder sogar unmöglich.“
Sinnvolle Alternativen zur Lebensgemeinschaft sind eine eingetragene Partnerschaft oder Ehe.
Seit 2019 können auch heterosexuelle Paare eine eingetragene Partnerschaft eingehen. Für diese
gibt es analog zur Ehe klare Regeln zu Unterhalt und Vermögensaufteilung. Zwar fehlt die
Treuepflicht, aber eine Beistandspflicht besteht: „Es gilt die gegenseitige Unterstützung bei
wirtschaftlichen Problemen, Krankheit oder ähnlichem“, so Scharzenberger.
Fazit und Tipp der Juristin
Die Salzburger Anwältin Gerhild Scharzenberger rät: „Wirtschaftlich Essenzielles sollte vor oder
während der Ehe oder Lebensgemeinschaft geregelt werden – sonst wird es im Streitfall
schwierig.“ Wer Kinder plant, sollte sich unbedingt rechtlich informieren und absichern und im
Zweifel lieber auf den rechtlichen Rahmen einer eingetragenen Partnerschaft oder Ehe setzen.
Kurzum: Eine Lebensgemeinschaft bietet kaum Rechte, birgt dafür jedoch viele wirtschaftliche
Risiken für Frauen mit Kindern. Ohne Vertrag gibt es keine Ansprüche auf Unterhalt oder
Ausgleichszahlung für während der Lebensgemeinschaft gebildetes Vermögen. Nicht umsonst
sind alleinerziehende Frauen in Österreich stark von Altersarmut betroffen.
Fragen zu Ihrer Lebensgemeinschaft? Wir freuen uns auf Ihre Nachricht!